moclue
Hinter jeder kreativen Vision steckt eine persönliche Geschichte – eine Reise voller Erfahrungen, Erkenntnissen und Entscheidungen. In diesem Interview möchte ich die Gelegenheit nutzen, nicht nur meine Arbeit, sondern auch die Person hinter der Website vorzustellen. Der Auslöser war das fehlende Gefühl von Austausch und Wertschätzung in der Modebranche. Aus diesem Bedürfnis heraus habe ich den Designer-Stammtisch ins Leben gerufen – eine Plattform, die Kreativen Raum für Begegnungen, Inspiration und gemeinsames Wachstum bietet.
Dieses Interview soll euch einen persönlichen Einblick geben in meine Geschichte, die Motivation hinter meinen Projekten und meine Vision für die Zukunft. Ich freue mich darauf, euch mitzunehmen und die Person hinter der Plattform sichtbar zu machen!

Wer bist du und wo kommst du her?
Ich heiße Sarah Felipa Martins und bringe ein vielfältiges kulturelles Erbe mit: halb portugiesisch, deutsch und ein bisschen schwedisch. 2009 habe ich meinen Abschluss als Modedesignerin an der Akademie JAK in Hamburg gemacht. Danach zog es mich für mehrere Jahre ins Ausland – ich lebte in Schweden, Österreich, Schweiz und Bayern ;-), bevor ich 2017 wieder nach Hamburg zurückkehrte. Beruflich habe ich mich auf Ski- und Outdoor-Bekleidung sowie zuletzt auf Strickdesign spezialisiert, da ich diese Bereiche immer als besonders innovativ und spannend empfand.
Ich liebe alles was mit Handwerk zutun hat, ob Stricken, Weben, Töpfern oder Nähen. Ich fahre mindestens einmal im Jahr in die Bretagne und mein Bücherregal ist voller Modeschinken.
Warum hast du die Plattform „moclue“ gegründet, und was möchtest du damit erreichen?
„moclue“ ist aus einem eigenen Bedürfnis heraus entstanden: Ich habe mir als Designerin schon lange eine Plattform gewünscht, auf der man alle möglichen Informationen und Kontakte finden kann – sei es zu neuen Lieferanten und Produzenten, zu Jobs, Weiterbildungsmöglichkeiten oder Events. Hierbei war mir wichtig, dass der Austausch nicht nur digital stattfindet, sondern auch reale Begegnungen möglich sind, bei denen man Menschen aus der Branche persönlich kennenlernen und sich vernetzen kann. Das Ziel von „moclue“ ist es, Designer*innen einen Ort zu bieten, an dem sie all diese Bedürfnisse an einem Ort vereinen können, sowohl online als auch offline.
Du hast mit dem „moclue“-Stammtisch begonnen. Wie kam es dazu und warum?
Die Idee für den Stammtisch entstand ebenfalls aus einem persönlichen Bedürfnis. Nach meiner Rückkehr aus Bayern hatte ich das Gefühl, in der Modebranche in Hamburg schlecht vernetzt zu sein. Ich dachte, ein regelmäßiger Stammtisch wäre eine gute Möglichkeit, dies zu ändern. Da ich jedoch keinen passenden Stammtisch für Modedesigner in Hamburg finden konnte, entschied ich, selbst einen ins Leben zu rufen. Dabei habe ich bewusst nur Frauen eingeladen, da ich glaube, dass Frauen sich oft weniger gut vernetzen als Männer. Mit meinem Stammtisch möchte ich deshalb die Solidarität unter Frauen in der Branche stärken.
Du hast in verschiedenen Ländern gearbeitet. Was hast du aus deiner Zeit in Schweden (House of Dagmar), der Schweiz (Snowlife) und Österreich (Sportalm und Marithé & François Girbaud) mitgenommen?
Mir war es immer wichtig andere Länder und Kulturen kennenzulernen. Aus jeder Station habe ich wertvolle Erfahrungen – positive wie negative – mitgenommen, und ich möchte keine dieser Zeiten missen. In der Schweiz lernte ich beispielsweise, dass Genauigkeit und gründliches Arbeiten dort weitaus mehr geschätzt werden als Geschwindigkeit, was für mich zunächst ungewohnt war, da ich mich bis dahin immer über meine Schnelligkeit definiert hatte. In Schweden hingegen herrschte eine sehr lockere und fröhliche Atmosphäre, und der kreative Entwicklungsprozess war intensiver und freier als in deutschen Unternehmen. In Österreich habe ich wertvolles Know-how im Bereich Skibekleidung erworben, da wir dort über einen eigenen Zuschnitt, Musternäherei und einen Maschinenpark mit Lasercutting, Bonding, etc. verfügten.
Wintersportbekleidung ist eine sehr spezialisierte Branche. Was waren die größten Herausforderungen in diesem Bereich?
Da ich selbst gerne Ski und Snowboard fahre, hat mich Wintersportbekleidung schon immer fasziniert. Aber mein Interesse wurde erst in Kitzbühel bei Sportalm so richtig geweckt. Dort lernte ich unglaublich viel über Verarbeitungsmethoden, Stoffentwicklung und ausgeklügelte Schnittkonstruktionen und entdeckte eine neue, tiefere Leidenschaft für meinen Beruf. Bei Skibekleidung geht es schließlich in erster Linie um Funktion, nicht nur um das Design – und es war beeindruckend zu sehen, wie durch verschiedene Materialien und Schnitte funktionale Lösungen für verschiedene Sportarten und Körperpartien entstehen können.



Wie war es, in der Strickerei Senbert in Bayern zu arbeiten? Was hast du dort über das Stricken gelernt, das dich noch heute beeinflusst?
Die Zeit in der Stickerei Senbert war prägend und bleibt unvergesslich. Ich habe dort enorm viel über das Stricken gelernt – vom Programmieren bis hin zur Verarbeitung unterschiedlichster Produkte wie Kleidung, Schuhe oder Taschen. Die Strickerei Senbert bietet ein großes Spektrum an technischem Know-how, sie haben vor Jahren den ersten, gestrickten Turnschuh für Adidas entwickelt, ein absolutes Novum. Strick ist wahnsinnig vielfältig und findet überall Einsatz, sei es in der Automobilbranche, in der Bekleidung, im Sport, in der Medizin, oder sogar in der Metallindustrie. Diese Vielfalt hat meine Leidenschaft für Strick enorm gesteigert, und diese Begeisterung ist bis heute ungebrochen.
Was können wir in Zukunft von dir erwarten?
Der Hamburger - Stammtisch wird wie gewohnt alle 2 Monate stattfinden. Zudem kommt in regelmäßigen Abständen ein neues Interview in der Rubrik „the story of...“ hinzu. Außerdem habe ich noch einige Ideen, die ich ausarbeiten möchte...
Was motiviert dich derzeit?
Meine Vision, mit meiner Plattform eine Welt für Modeschaffende zu bieten, die ihnen hilft, ihre Potenziale voll auszuschöpfen und erfolgreicher zu werden, ist eine große Motivation für mich. Besonders bereichernd und inspirierend sind für mich die Interviews, die ich mit beeindruckenden Frauen führen darf. Ich hoffe, dass diese Einblicke auch andere Frauen inspirieren, mutig neue Wege zu gehen.
Wie siehst du die Modebranche heute, besonders für Frauen?
Leider werden Frauen in der Modebranche immer noch schlechter bezahlt und wagen seltener den Schritt in die Selbstständigkeit als Männer. Das finde ich bedauerlich, und ich möchte mit meiner Plattform dazu beitragen, Frauen – ob angestellt oder selbstständig – mehr zu unterstützen. Aus meinem Umfeld kenne ich z.B. viele Geschichten von Frauen, die nach der Geburt eines Kindes enorme Herausforderungen und Rückschläge in ihrem Beruf meistern müssen, „nur weil sie ein Kind bekommen haben“. Allerdings finde ich auch, dass Frauen sehr viel strenger mit sich und mit anderen Frauen sind, als Männer. Ich würde mir wünschen, dass sich das etwas ändert.
Wie hat sich die Modebranche verändert?
Die Modebranche ist ständig im Wandel und hat sich auch seit dem Ende meines Studiums 2009 stark gewandelt. Sie ist heute, in meinen Augen, weniger kreativ und stark zahlen- und zeitgetrieben. Es entstehen kaum wirklich neue Designs, denn im Hintergrund dreht sich vieles nur um Zeit, Geld und Marktanteile. Kleidung wird heute als Wegwerfprodukt betrachtet, und Plattformen wie Temu und Shein verstärken diesen Trend noch mehr, obwohl wir heute aufgeklärter denn je sind. Das finde ich furchtbar, denn die Herstellung von einem Kleidungsstsück erfordert wertvolle Rohstoffe, viel Handarbeit und technisches Wissen. Ich hoffe, dass Kleidung in Zukunft wieder mehr Wertschätzung erfährt.
Welchen Rat würdest du jungen Modedesignerinnen geben, die gerade in die Branche einsteigen?
Geht diesen Weg nur, wenn ihr wirklich dafür brennt! Die Arbeit als Modedesignerin ist vielseitig und bereichernd, denn man begleitet den Prozess von der Idee bis zum fertigen Produkt. Natürlich gibt es wie in jeder Branche äußere Faktoren, die frustrierend sein können. Doch der Beruf an sich ist wundervoll. Er verlangt jedoch Ausdauer, ein Netzwerk, die Bereitschaft zum Umzug und oft auch finanzielle Kompromisse (zumindest am Anfang). Zudem besteht die Arbeit nicht nur aus Kreativität, sondern beinhaltet mehr administrative Aufgaben als kreative. Wer diesen Weg trotzdem liebt, findet hier eine erfüllende Berufung.

Was sind deine Eindrücke und Erfahrungen aus über zwei Jahren Stammtisch?
Die Stammtisch-Treffen bereiten mir unglaublich viel Freude – es ist wunderbar, so viele beeindruckende Frauen kennenzulernen und immer wieder neue Gesichter willkommen zu heißen. Ich finde es jedes Mal faszinierend zu hören, welche beruflichen Fähigkeiten und Erfahrungen diese Frauen mitbringen und was sie bereits erreicht haben. Das inspiriert und beeindruckt mich jedes Mal aufs Neue. Allerdings erstaunt es mich oft, wie zurückhaltend und bescheiden viele von ihnen über ihre Fähigkeiten und Leistungen sprechen.
Und zum Schluss: welche Superkraft würdest du Dir wünschen und wofür?
Ich würde gerne manchmal die Zeit anhalten können, um schöne Momente noch länger zu genießen. Ich bin letztes Jahr Mutter geworden und es kommt mir so vor, als wenn die Zeit viel zu schnell vergeht und mein Kind viel zu schnell groß wird.